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Autor werden - wenn sich Betriebsblindheit einstellt - Kolumne

Written By dfgh on Montag, 18. Mai 2015 | 11:04

Die meisten angehenden Autorinnen und Autoren werden es kennen.




Man sitzt vor der Rohfassung des eigenen Romans und überarbeitet und überarbeitet und überarbeitet.
Ah ja, jetzt bin ich bald fertig, denkt man sich, wenn man Seite um Seite um Seite durchforstet. Grammatik und Rechtschreibfehler, Logik und Orthographiefehler ausmärzt. Fleißige Testleser machen auf die eine oder andere Stelle aufmerksam, schlaue Software sagt uns wo ein Komma fehlt aber all das reicht irgendwie noch nicht.

Was soll ich sagen, ich habe mit 14 mit dem schreiben angefangen, als ich auch mit dem "eigentlichen lesen" begonnen habe.
Bücher in der Schule lesen zu müssen, war mühselig und lesen konnte man das auch eigentlich nicht nennen. Man überflog die Seiten kurz vor dem Referat oder Abgabetermin um die wichtigsten Informationen herauszufiltern.
Das war so etwas wie mein persönliches Kryptonit.
Meine Freundin Sami, war jedoch schon viel früher lese begeistert und schlug mir immer wieder vor, einen ihrer kitschigen Teenagerromane zu lesen. Irgendwann lies ich mich überreden und mein Bücherherz war geboren. 
Eins nach dem anderen habe ich verschlungen, bis ich zu einem Buch gekommen bin, welches mir überhaupt nicht gefallen hat. Das Ende war so unzufriedenstellend, dass ich mir dachte okay, dann schreibst du halt ein Ende, dass dir besser gefällt. Lange bin ich aber nicht bei dem Gedanken geblieben. Kurzerhand begann ich damit meine eigene Geschichte zu entwickeln. Mit Samis Kurzgeschichten konnte ich meiner Meinung nach nie mithalten aber darüber werden wir uns noch bis ins Grab streiten ;D.
Einige Jahre, ist später das Schreiben eingeschlafen. Als junger Erwachsener hat man ja viele andere Interessen.
Als diese "rebellische" Phase wieder vorbei war, schrieb ich, größenteils für mich. Und durch ein Telefonat mit einer Freundin, war DIE Buchidee geboren.
Mittlerweile ist der erste Teil meiner voraussichtlich mehrteiligen Reihe in der Rohfassung fertig.

Wenn ich die alten Sachen zu Hand nehme, die ich über die Jahre geschrieben habe bin ich mehr als nur peinlich berührt. Sie strotzen nur so von Fehlern. Die Sprachwiedergabe ist ein Alptraum und Lesefluss fasst nicht vorhanden.

Natürlich möchte ich in dem Roman in dem mein Herzblut steckt, das Beste abliefern. 

Die Betriebsblindheit, macht wirklich blind. Die einfachsten Fehler übersehe ich. Manchmal hängt mir mein Buch wirklich schon zum Hals raus, weil ich das Gefühl habe nicht weiter zu kommen. Immer wieder liest man die selben Passagen, die man schon auswendig im Schlaf herunter beten kann.
Um mich abzulenken und einen besseren Blick auf meinen Text zu haben, wälze ich mich durch Autorenratgeber. Diese sprechen von einem nahezu perfekten Manuskript ohne Fehler, als Normseite, mit dem perfektem Anschreiben und dem perfekten
Exposé aber gibt es das perfekte Manuskript für Jungautoren überhaupt? 
Ich kann mir vorstellen, dass jeder Autor oder jede Autorin nach einem gewissen Perfektionismus arbeitet. Aber perfekt geht in keiner Weise.  Mein Manuskript liegt derzeit bei Version 6.0 , und eigentlich sind es wesentlich mehr.
Ich frage mich wann wann sich dieser verklärte Blick eigentlich einstellt, der nicht sieht das ein Wort wirklich falsch geschrieben ist, obwohl man hundert mal drüber gelesen hat. Der nicht sieht wo ein Komma fehlt und der nicht sieht, dass die Füllwörter die Geschichte nicht voran bringen.


Die Antwort ist einfach. Wir sind verliebt in das was wir tun und wir sind verliebt in das was wir erschaffen.


In der Liebe ist das doch auch so, in der Regel liebt man den anderen wie er ist, mit all seinen Fehlern und übersieht sie einfach. 
Genau das passiert mit dem eigenen Text. Man hat einfach nicht genug Abstand zu der eigenen Geschichte, um zu sehen wo es harkt. Bei jedem Schreiberling stellt sich dieses Phänomen nach einer unterschiedlichen Länge des Textes ein.
Ich denke bei mir war es nach etwa 2 Kapiteln. Die Fehler wurden mehr und häuften sich desto länger der Text wurde und vor allem, je länger ich in einer Sitzung an einem Text schrieb. Wahrscheinlich lässt dann auch einfach die Konzentration nach.
Manchmal wundere ich mich über Sätze, von welchen ich nicht mal mehr wusste wann ich sie geschrieben hatte. Stolpersteine, die einen Leser einfach so aus dem Text reißen würden. Wie kann man dem Ganzen Abhilfe schaffen? Wie kann man vermeiden, dass sich so viele Fehler einschleichen?
Auf diese Fragen gibt es eigentlich kein Patentrezept.
Wichtig ist, man schafft sich eine angenehme Atmosphäre, stellt sich eine Tasse Kaffee, Cappuccino oder was auch immer  auf den Arbeitsplatz und beginnt.
Viele Schreibratgeber predigen, dass man sich nicht ablenken lassen sollte. Doch ich persönlich mag es überhaupt nicht wenn um mich beim schreiben Stille herrschst. Am liebsten schreibe ich mit einem Film der nebenher läuft und der mich inspiriert. Es kommt aber auch vor, dass irgend eine -hirnlose amerikanische Sitcom ala King of Queens (ich liebe sie) über meine Mattscheibe flimmert. Mit Unterhaltung schreibe ich am besten.
Natürlich gibt es auch Tage an denen nur die passende Musik meine Muse zum summen bringt. Egal wie und wann man schreibt, man kann nur versuchen, das Beste daraus zu machen, und man kann nur versuchen in der Überarbeitung, den Text so zu überarbeiten und zu zeigen wie er sein soll.
Daher bin ich der festen Überzeugung, das die Seele und das Herzblut bei einer wirklich guten mitreißenden Geschichte wesentlich mehr wert ist als das perfekte Manuskript. Wer sein Bestes gegeben hat wird schon die entsprechende Anerkennung finden.
Blauäugig, wird mich jetzt so mancher Autor oder Lektor schimpfen. Aber es gibt einige Autoren und Autorinnen die zeigen das es möglich ist.
Gute Beispiele dafür sind Autorinnen wie Melanie Hinz deren Versuche einen Verlag zu finden immer wieder scheiterten. Seit dem Self Publishing kann sie ihre Erfolge feiern und ich denke auch vom schreiben leben.
Kira Gembri zeigt auch wie man es eigentlich nicht macht, die Autorin welche unter einem Pseudonym schreibt  hat ihre Bücher veröffentlicht ohne auch nur an einen Verlag zu denken. Erfolgsgeschichten machen mir und ich denke auch allen anderen angehenden Autoren Mut, und geben  ihnen Hoffnung.
Deshalb sage ich, betriebsblind oder nicht, man kann nur die Arbeit leisten und alles entfernen was man tatsächlich "sieht", was Freunde, Probeleser finden und darauf hoffen, dass das  Potenzial der eigenen Geschichte erkannt wird. Denn nicht jeder kann sich einen professionellen Lektor leisten. Aber das Regal der Bücher aus der Self Publisher Schmiede zeigt uns auch wenn ich mich wiederholte, wieder und wieder, das es auch ohne geht. Lass die Betriebsblindheit sein wie sie ist. Schafft das beste verliert nicht dem Mut und haltet an dem fest was ihr tut, an dem schreiben. Ich werde es auch. 

Eure Lizzi
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